Erinnerung und Ausblick: Zum 10. Oktober
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Sehr geschätzte Ehrengäste!
Sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer!
Liebe Kärntnerinnen und Kärntner!
Wenn wir uns heute, zum wiederholten Male, hier in Völkermarkt am Hauptplatz treffen, um an den 10. Oktober 1920 zu erinnern, dann tun wir dies mit Stolz und Dankbarkeit. Warum mit Dankbarkeit? Liebes Publikum, weil wir unseren Vorfahren zu großem Dank verpflichtet sind. Kärnten war und ist das Bundesland Österreichs, das wie kein anderes in der jüngeren Geschichte von einer Teilung bedroht gewesen ist.
Kärnten ist aber auch jenes Bundesland, das durch die Entschlossenheit seiner Bewohner eben dieser Bedrohung, gespalten zu werden, kraftvoll entgegengetreten ist und sich erfolgreich zur Wehr gesetzt hat.
Mit dem Ende der Habsburgermonarchie 1918 brach für Kärnten für knapp zwei Jahre, eben bis zum Jahre 1920 eine sehr leidvolle und opferreiche, aber eben auch heldenhafte Zeit an. Das Ende dieser Periode war die Volksabstimmung heute vor 99 Jahren, bei der sich die Mehrheit, Deutschsprachige und Slowenischsprachige gemeinsam, für den Verbleib unserer Region bei Kärnten und Österreich entschieden hat. Dementsprechend gedenken wir am Tag der Volksabstimmung, dem 10. Oktober, unserem schönen Bundesland, aber eben auch unseren Vorfahren.
Sehr verehrte Damen und Herren! Mein Name ist Peter Wukounig und mir ist heute die Ehre zuteil geworden, hier am Hauptplatz als Schüler und hoffentlich auch als zukünftiger Maturant der Praxis-HAK Völkermarkt zu Ihnen sprechen zu dürfen. Morgen feiern wir zum 99. Mal einen extrem bedeutsamen Tag in der Geschichte unseres Bundeslandes Kärnten. Wir feiern den Tag der Volksabstimmung. Doch es gab, wie wir wissen, nach der Volksabstimmung auch schwere Zeiten zwischen den Kärntnern und Kärntner Slowenen.
Ich bin nicht hier, um irgendjemanden zu belehren. Nein, meine Damen und Herren, dies steht mir in meinen jungen Jahren gar nicht zu. Ich bin hier, um Ihnen meine Ansichten und die Ansichten meiner Generation näher zu bringen. Es handelt sich um jene Generation, die mit der kulturellen Vielfalt, der Mehrsprachigkeit in Kärnten, in Österreich und in Europa aufgewachsen ist. Wir sind eine Generation, die das Glück gehabt hat, in einem unabhängigen, demokratisch geprägten und friedlichen Land geboren zu sein. Ich habe, anders als meine Oma, keinen Krieg miterleben müssen.
Ich musste als Kind nicht flüchten und Angst um mein Leben haben. Ich musste keine Bomben hören und zittern, ob jene Menschen, die mir etwas bedeuten und mein Leben prägen, noch leben. Was mir die Geschichten meiner Oma allerdings immer wieder verdeutlichten: Die Welt, so wie ich sie kenne, mit der ich aufgewachsen bin, ist zerbrechlich.
Wir sollen glücklich und zufrieden sein mit dem, was wir haben. Wir, hier in unserem schönen Kärnten, im Herzen Europas, sollten in Frieden und in wirklicher Gemeinschaft leben. Wir sollten das Slowenische genauso wie das Deutsche als Teil unserer Identität sehen und wir sollten den Kärntner Slowenen dankbar sein, auch aufgrund ihrer Vorfahren, die damals für ein freies und ungeteiltes Kärnten abgestimmt haben.
Wir müssen zusammenleben, zusammenarbeiten und zusammen unser wunderschönes Bundesland stärken. Wir müssen unsere Umwelt schützen und so für eine positive Zukunft sorgen. Viele verstehen leider immer noch nicht, was für eine lebenswerte, gemeinsame Zukunft benötigt wird.
Die Zukunft der Erde, Fridays for Future hin oder her, interessiert manche einfach nicht, doch uns allen sollte es bewusst werden, dass dies ein ganz zentrales Erbe ist, dass wir unseren Nachfahren hinterlassen. Denn wenn wir nicht besser mit unseren Ressourcen umgehen und auf unsere Erde aufpassen, dann können wir den nächsten Generationen auch kein kulturelles Erbe, wie es die Kärntner Volksabstimmung ist, vermachen.
Es muss klar sein, sehr verehrte Damen und Herren, dass solche Konflikte in Kärnten nichts mehr verloren haben. Sie gehören der Vergangenheit an. Es muss auch klar sein, dass alle Kärntner, auch die, die zugezogen sind, Teil unsere Gesellschaft sind. Darum müssen wir uns bemühen, daran müssen wir als Gemeinschaft arbeiten. Es darf und soll kein Unten und kein Oben geben, es kann nur ein Miteinander geben.
Vom Gegeneinander zum Miteinander und schließlich zum Füreinander, liebe Kärntnerinnen und Kärntner, das muss unser Ziel sein.
Zum Füreinander gehört auch, dass unsere Umwelt mit unserem Klima auch für die nächsten Generationen geschützt wird – so wie die Freiheit unseres Bundeslandes von unseren Vorfahren geschützt wurde. Lassen Sie uns die Natur und die Kultur unserer besonderen Region gemeinsam wahren und weiterentwickeln. Unsere Vorfahren wie auch unsere Nachfahren werden es uns danken.
Peter Wukounig, Oktober 2019