Geschichte zum Leben erwecken – und weitererzählen
Oral-History-Projekt der 4AK
Das Augenmerk liegt auf zeitgemäßer Bildung: Auch in Geschichte – korrekterweise heißt das Fach Politische Bildung und Geschichte – orientieren sich die Jugendlichen an der Praxis-HAK Völkermarkt in der dritten und vierten Klasse vor allem an Entwicklungen, deren Folgen in die Gegenwart hineinreichen, an veränderten Gesellschaftsformen, wirtschaftlichen Systemen, bahnbrechenden Entdeckungen und Konflikten, die unser Zusammenleben geprägt haben. Doch genauso wichtig ist es, Kompetenzen zu entwickeln, um mit historischen Inhalten umgehen zu können, ob mit Quellentexten, Karten oder Bildern und Karikaturen.
Für die Schüler/innen der 4AK, die im Schulversuch mit erweiterter Praxis bereits Mitte Juni in die Arbeit starten, hieß der letzte Schritt: Lebenswelten nach 1945. Diese sollten bei Prof. Martin Erian ergründet werden – jedoch nicht nur durch das Nachlesen, sondern aktiv. Nach einer Einführung in die Oral-History-Methode wählten die Jugendlichen geeignete Gesprächspartner und formulierten Leitfragen, um im Zwiegespräch Lebenswelten nach 1945 zu erforschen.
„Ich finde es wichtig, älteren Menschen zuzuhören und ihre Geschichten zu kennen, um zu vermeiden, dass sie mit deren Ableben eines Tages verschwinden“, berichtet Johanna Krainz. Sie hat ein ausführliches Gespräch mit ihrer Großmutter geführt, über ihren Alltag in Jugendtagen, über Kriege und die Art und Weise, wie seinerzeit um die Aufmerksamkeit gebuhlt wurde. Im Vordergrund stehen nicht historische Fakten, sondern persönliche Eindrücke.
„Ich kann mich nur noch an die kratzigen Pullis und Strümpfe meiner Mama erinnern, die mir aufgeriebene Hautstellen beschert haben.“
Dies war der erste Satz, der meiner Oma Leni in den Kopf kam, als ich sie zu ihrer Schulzeit befragte. Das Geld war knapp. Man arbeitete nicht, um sich Luxusartikel oder -dienstleistungen leisten zu können, sondern um zu überleben. Für die Kinder gab es keine Freizeit, denn wenn sie von der Schule nach Hause kamen, fanden sie dort einen Zettel vor, auf dem stand: „Essen ist im Rohr. Geschirr abwaschen und nachkommen.“
Was das Geschichtenerzählen schließlich zur Kunst macht, ist die Form der Überlieferung. Womit sich berühmte Geschichtsschreiber seit Herodot (um 490-430 v. Chr.) beschäftigten, damit setzten sich auch die Schüler/innen der 4AK auseinander. Drei von ihnen lösten die Aufgaben besonders gelungen, gaben sie doch nicht nur die Schilderungen ihrer Gesprächspartner wieder, sondern wählten auf den Spuren des berühmten Egon Erwin Kischs die Form der journalistischen Reportage, um das Erfahrene zu dokumentieren.
Was dabei herausgekommen ist? Lesen Sie mehr auf Seite zwei.